COS GmbH
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Für die ÖBB-Personenverkehr AG hat COS ein bundesweit einheitliches IT-System für die Fuhrparkverwaltung, Instandhaltung, Disposition, Leistungsverrechnung und Kundeninformation eingeführt - ein einzigartiges Langzeitprojekt.
Autorennen in der Formel 1 werden oft in der Boxengasse entschieden. Unterstützt durch Hochleistungsrechner und ausgeklügelte Software wählen die Team-Strategen den optimalen Zeitpunkt zum Reifenwechsel. Nur mit Hilfe von Computern lässt sich die Vielzahl der Einflussfaktoren noch überblicken.
Was für einen Rennstall mit zwei Fahrzeugen einleuchtet, gilt erst recht für den Fuhrpark der ÖBB Personenverkehr AG mit rund 3.300 Personen- und 360 Triebwagen, die täglich zu neuen Zug-Kombinationen aneinandergereiht werden. Jeder einzelne Wagen hat seinen eigenen Wartungsplan und ist im Verlauf einer Woche auf unterschiedlichen Strecken unterwegs. Bis ein bestimmtes Fahrzeug auf seinem Umlauf an seinen Ausgangspunkt zurückkommt, vergehen oft mehr als 30 Tage.
Früher wurden die damit verbundenen zahlreichen Arbeitsschritte bei den ÖBB dezentral geplant und durch regionale Disponenten ausgeführt. Die technischen Inspektionen der Wagen orientierten sich deshalb in der Regel nicht an der tatsächlichen Laufleistung, sondern an der gegenwärtigen Auslastung einzelner Werkstätten.
Aus diesem und anderen Gründen entschied sich die ÖBB-Personenverkehr AG im Jahr 2004 für ein landesweit einheitliches und zentral steuerbares IT-System für die Fuhrparkverwaltung, Instandhaltung und Disposition. Zusätzlich sollte die Leistungsverrechnung sowie die Kundeninformation verbessert werden. Das Vorhaben erhielt den Namen ReM - eine Abkürzung für „Reisezugwagenmanagement“. Mit der Umsetzung wurde das Software- und Beratungshaus COS aus Oberkirch betraut, unterstützt durch das Wiener Partnerunternehmen Quantum Logistics & Services. „COSware bietet die Möglichkeit, alle relevanten Prozesse in einem System abzubilden“, so ÖBB-Projektleiter Robert Bruckner.
Zu Beginn wurden die Daten sämtlicher Reisezugwagen aus den bisherigen Systemen übernommen und für die zentrale Fuhrparkverwaltung in einer gesammelten Datenbank hinterlegt. „Eine Besonderheit der neuen Wagendatenbank ist ihre Schnittstelle in das ÖBB-Intranet“, betont Bruckner. Dadurch können alle Mitarbeiter im ÖBB-Konzern auf die Wagendaten zugreifen.
Die Datenbank bildet zugleich die Grundlage für das COSware Programm-Modul „Instandhaltungs-Management“. Die Software überwacht die Wartungsintervalle in Abhängigkeit der Faktoren Zeit und Laufleistung und dokumentiert die Leistung und Kosten der Werkstätten sowie sämtliche Reparaturen. Dabei wird zu jedem Fahrzeug eine Lebensakte angelegt, wodurch bestimmte Schadenshäufungen auf einen Blick sichtbar werden. Insgesamt entsteht so eine Berechnungsgrundlage für die Life-Cycle-Costs der einzelnen Wagen.
„Durch COSware sehen wir jetzt sofort, welche Komponenten besonders häufig ausfallen und können unsere Lagerhaltung darauf ausrichten“, erklärt Bruckner. Der Kostenvorteil liege zum einen in den optimierten Beständen, aber auch in der nun möglichen vorbeugenden Wartung. „Durch das neue System fiel uns zum Beispiel auf, dass in den Speisewagen immer wieder die Kaffeemaschinen ausfielen“, so Bruckner. Man sei der Sache nachgegangen und hätte die Wartung der Maschinen optimiert – die Schadenserie gehöre seitdem der Vergangenheit an.
Ein weiterer Aspekt der COS-Lösung ist die integrierte Garantie- und Kulanzerkennung, mit der das Erstellen von Garantieanträgen wesentlich erleichtert wird. Die Arbeitsvorgänge und Schadcodes der Hersteller können einfach integriert und als Grundlage für die Garantieanträge verwendet werden. In der Praxis lässt sich damit die Anzahl der Garantieanträge steigern und für alle klar abwickeln. Die Folge sind höhere Hersteller-Erstattungen und eine günstigere Verhandlungsposition, da viele Fakten direkt im System zugänglich sind.
Ebenfalls sehr kostensparend ist der weitgehend automatisierte Austausch der Werkstatt-Auftragsdaten mit dem ÖBB-Tochterunternehmen Technische Services. Der Austausch erfolgt über einen Online-Datenbank-Link zwischen den beiden IT-Systemen. Dadurch wird auch die anschließende Rechnungskontrolle erheblich erleichtert.
Zeitgleich mit der Einführung des Instandhaltungs-Managements etablierten die ÖBB die Funktion des Wageneinsatzleiters. Dieser steuert mit Hilfe von COSware die Zuführung des Fuhrparks in die Werkstatt oder in den Reservewagenbestand. Rund 100 Wageneinsatzleiter der ÖBB sind für den effizienten Einsatz der Wagen verantwortlich – mit Erfolg. Durch COSware habe sich „die Fahrzeugverfügbarkeit deutlich erhöht“ und „der wesentlich effizientere Einsatz der Wagen führt zu einer spürbaren Kostenersparnis“, so Bruckner. Durch das zentrale Management der Inspektionstermine könne man zudem „sehr nah an die Wartungslimits heranfahren, was die Wirtschaftlichkeit des Fuhrparks wesentlich erhöht.“ Die so genannten Planabstellungen im Fuhrpark konnten im Ergebnis um 25 Prozent gesenkt werden.
Für große Transparenz sorgen zudem die in die Lösung integrierten Schadens-Meldesysteme IVR und FMS. Die Abkürzungen stehen für „Interactive Voice Response“ beziehungsweise „Fleet Monitoring System“. Mit IVR meldet der Zugbegleiter noch während der Fahrt etwaige Mängel per SMS über eine Schnittstelle direkt an COSware - und damit auch an die zuständige Wageneinsatzleitung. FMS beruht hingegen auf Sensoren, die mögliche Schäden automatisch erkennen und ebenfalls an COSware weiterleiten. In diesem Fall führt der Übertragungsweg über einen Bordrechner, die so genannte FMS-Box. Sie ist im Wagendach untergebracht und baut automatisch eine GSM/GPRS-Funkverbindung zu COSware auf. Eingesetzt wird FMS derzeit in Business- und Speisewagen. Beide sind jeweils mit bis zu 58 Sensoren ausgestattet, die Störungen an elektronischen Einrichtungen wie WC, Licht oder Klimaanlage erkennen und melden können.
Durch die unmittelbaren Meldungen durch IVR und FMS kann der Wageneinsatzleiter umgehend die Reparatur des gemeldeten Schadens beim nächsten Halt veranlassen, oder – bei größeren Defekten – einen Ersatzwagen organisieren. Parallel werden die Störungsmeldungen durch COSware auch direkt an die Werkstatt übermittelt, damit die notwendigen Ersatzteile rechtzeitig bereitgestellt werden können.
Der dritte Aufgabenbereich im ReM-Projekt neben der Fuhrparkverwaltung und der Instandhaltung ist die Disposition. Darin enthalten sind die Zugbildung sowie die so genannte Umlaufplanung und das Reinigungsmanagement. Mit dem COSware-Modul „Disposition“ steuert der Wageneinsatzleiter, welcher Wagen in welchem Zug zum Einsatz kommt. Durch die Datenbank sieht er dabei genau, welches Fahrzeug wann und an welchem Ort verfügbar ist. Instandhaltungsaufträge können – in einem Arbeitsgang - direkt in der Disposition erstellt werden. Eine Spezialisierung der Wageneinsatzleiter auf einen der Bereiche „Instandhaltung“ oder „Disposition“ ist somit nicht notwendig.
Die Basis der Disposition bilden die COSware-Module Zugbilde- und Umlaufplanung, wobei voll auf Transparenz gesetzt wird: Die Wagenumläufe werden als Gantt-Diagramme dargestellt und automatisch von Tag zu Tag fortgeschrieben. Damit lässt sich eine über mehrere Tage laufende Umlaufkette übersichtlich darstellen. Ebenso sind Produktivzeiten und Nebenleistungen auf einen Blick ablesbar.
Das Erfassen von Wagen ausländischer Bahngesellschaften in COSware ist ebenfalls möglich. Dadurch können bei Grenzüberschreitungen zusätzliche Wagen schnell und effizient aufgenommen werden. Die Daten dienen zugleich der späteren Abrechnung mit den internationalen Bahngesellschaften. Mit dieser Software arbeiten die rund 30 bei der ÖBB Personenverkehr AG beschäftigten Planer. Sie erarbeiten die Vorgaben für die Disposition, die den Wageneinsatzleitern als Tagesprogramm zur Verfügung gestellt werden.
Ein weiterer Projektschritt konnte im Juni 2009 abgeschlossen werden: Seitdem arbeiten die Zugbegleiter der ÖBB mit zentral erstellten Wagenlisten im handlichen A4-Format, die konzernweit an sämtlichen Bildschirmarbeitsplätzen mit Intranet-Zugang abgerufen werden können. Wagenlisten gehören zum unverzichtbaren Rüstzeug aller Zugbegleiter. Sie geben Auskunft über die technischen Eigenschaften der einzelnen Waggons eines Zuges und beinhalten sicherheitsrelevante Daten. Die Listen informieren über die zulässige Höchstgeschwindigkeit der Wagen, nach der sich das maximale Tempo des Gesamtzuges richtet. Außerdem sind die Bremsgewichte, Außenmaße und sämtliche aktuellen technischen Einschränkungen aufgeführt, die den Betrieb eventuell beeinflussen können.
Bislang wurden die Listen im sperrigen A3-Format an jedem Änderungsbahnhof auf speziellen Nadeldruckern neu ausgedruckt. Die Daten stammten aus dem IT-System ARTIS, das die Schwestergesellschaft ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG betreibt. Das Unternehmen kümmert sich um das Bereitstellen, Betreiben und Erhalten der Schieneninfrastruktur sowie die Betriebsplanung und den so genannten Verschub. „Die Betriebskosten für ARTIS sind relativ hoch und der Parallelbetrieb mit unserer eigenen zentralen Lösung führte zu einer doppelten Erfassung und damit zu unterschiedlichen Datenbeständen“, so Christian Pettauer, verantwortlich für den Bereich Systeme/IT in der ÖBB-Personenverkehr AG.
Von einer weiteren wesentlichen Verbesserung durch COSware profitieren in erster Linie die Kunden der ÖBB: Auf deren Homepage finden Verbraucher neben Preisen und Verbindungen sogar Echtzeit-Informationen zur tatsächlich am jeweiligen Tag eingesetzten Zug-Garnitur. Serviceleistungen wie ein Bordbistro oder Einstiegshilfen für Schwerbehinderte werden also nur angezeigt, wenn der entsprechende Wagen auch wirklich vorhanden ist. "Bei den Inter- und Eurocity-Zügen kann es durch Wartungsarbeiten hin und wieder zu Abweichungen kommen", stellt Mag. Gerald Bail von der ÖBB-Personenverkehr AG fest. Bail arbeitet dort in der Abteilung IT Business Consulting und begleitet im Unternehmen die Weiterentwicklung des Produktionssystems. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die bereits erwähnte Zugvorbereitung. "Die Nutzung der umfassenden und aktuellen Daten des Produktionssystems für die Kundeninformation war von Anfang an ein wichtiges Projektziel", betont Bail.
Dieses Ziel ließ sich dank der zentralen Datenbank des Produktionssystems reibungslos erreichen. "Wir profitieren jetzt davon, dass COSware sämtliche Prozesse steuert und dementsprechend alle Daten in einem einzigen System in einer einheitlichen Qualität abrufbar sind", erklärt Bail. Vor diesem Hintergrund ist das "Durchreichen" und kundengerechte Aufbereiten der Informationen nur noch eine Frage der Schnittstellen zu den Kundeninformationssystemen, die zum Teil im Verantwortungsbereich der ÖBB-Infrastruktur AG liegen.
Zu den Kundeninformationssystemen zählen zum Beispiel die Wagenstandsanzeiger, die entweder direkt aus COSware heraus ausgedruckt werden oder - wie zum Beispiel am Bahnhof Salzburg - elektronisch und tagesaktuell auf großen digitalen Tafeln angezeigt werden. Diese in Europa wohl einmaligen Wagenstandanzeigetafeln stellt die ÖBB den Fahrgästen mittlerweile an zehn Standorten zur Verfügung. Ohne COSware wäre dieser außergewöhnliche Service kaum denkbar. Die ÖBB wird das Angebot an elektronischen Wagenstandanzeigern kontinuierlich ausbauen.
Ebenfalls einmalig ist die Online-Abfrage des Wagenstandanzeigers über ein Web-Portal. Auf diese Funktion können jedoch nur die Mitarbeiter an den Fahrkartenschaltern zugreifen. "Das Web-Portal ist zum Beispiel eine große Hilfe beim Reservieren bestimmter Sitzplätze", sagt Bail. Schließlich bietet die ÖBB im Fernverkehr einige Sonderabteile für stillende Mütter, Kinder oder Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Über das Web-Portal ist das jeweilige Angebot auf einen Blick erkennbar und kann dem Fahrgast entsprechend seiner Wünsche gezielt angeboten werden.
Weitere Kundeninformationssysteme sind die Programme zur Echtzeit-Zugverfolgung via Internet oder die digitalen Bahnsteiganzeigen. Auch diese werden bei der ÖBB von COSware mit Daten versorgt. Somit sehen die Fahrgäste direkt am Bahnsteig, wenn sich zum Beispiel die Wagenreihung geändert hat oder ein Zugteil fehlt. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn nur der vordere Zugteil nach München und der hintere Zugteil bis Salzburg fährt. Durch diese frühzeitige und zuverlässige Information entfallen die hektischen Reaktionen der Bahnkunden nach Einfahrt der abweichend zusammengestellten Züge. Das sorgt nicht nur für eine höhere Zufriedenheit, sondern vor allem für mehr Sicherheit Bahnsteig.
Und wie geht es weiter? Gegenwärtig arbeitet Bail gemeinsam mit COS an der nächsten Ausbaustufe des Systems. Es geht um die so genannte "Abweichungsbestellung der Verkehrsleitung Schiene". Diese kommt zum Beispiel dann zum Einsatz, wenn nach schweren Unwettern Bäume auf den Gleisen landen und die Disponenten für Ausweichstrecken sorgen müssen. Tritt dieser Fall heute ein, müssen bis zu fünf verschiedene Programme betätigt werden. Dadurch kommt es zu Systembrüchen und Zeitverzögerungen. "In Zukunft sollen auch diese Prozesse komplett in COSware abgebildet werden", plant Bail.
Das Projekt trägt den Namen "AMODIS". Das Kunstwort steht für "Advanced Monitoring Ordering Disposition Information System". Mit AMODIS werden aktuell vorhandene Systembrüche reduziert und der Disponent in der Verkehrsleitung Schiene in Wien kann sämtliche Informationsquellen zur Abwicklung dieser Abweichungsbestellungen komfortabel in einem System überblicken. "Wenn dann künftig ein Murenabgang eine Streckenunterbrechung verursacht, kann der Disponent alle zugehörigen Betriebsstörungsmeldungen verwalten, Maßnahmen in Absprache mit den Partnern der Infrastruktur, den Busunternehmer oder den Zugbegleitern setzen und Garniturwenden direkt im System ausführen", so Bail. Dadurch reduziert sich letztlich der Abwicklungsaufwand pro Anlassfall und die Kunden werden schneller über die getroffenen Maßnahmen informiert.
Fazit: So gilt auch beim nächsten Teilprojekt mit COSware, dass letzten Endes auch die Fahrgäste den Fortschritt spüren und sehen werden. Ein vollintegriertes Produktionssystem ist eben mehr als ein leicht verwendbares Werkzeug für die Mitarbeiter: Vor allem generiert es zuverlässige und aktuelle Kundeninformationen, die das Reisen mit der ÖBB noch einfacher und interessanter machen.
Die ÖBB-Personenverkehr AG ist Österreichs größter Mobilitätsdienstleister und betreibt täglich knapp 4.000 Züge. Zwischen 1995 und 2006 hat das Unternehmen über 2,4 Milliarden Menschen in ihren Zügen befördert. 85 Prozent davon nutzten den Nahverkehr Die ÖBB-Personenverkehr AG beschäftigt rund 3.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
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